Zu den fünf Genres der darstellenden Künste, die originär für den Film erfunden wurden, gehört auch der Horror. Dieser existiert seit 1896 und damit nahezu seit der ersten Stunde des Mediums überhaupt. Wir können uns also vorstellen, wie viel kreative Energie seither in das Genre geflossen, wie es inhaltlich und formal erweitert und auch ausgeschlachtet worden ist.
Mittlerweile unterteilt sich der Bereich in zahlreiche Subgenres, die mal mehr und mal weniger auf den Einsatz von Kunstblut setzen, auf übernatürliche Phänomene oder rein irdische Konflikte, die Zombies oder Vampire zum Einsatz bringen und/oder der Reihe nach Teenager in Häuser, Ferienlager oder Wälder stecken. Es gibt actionreiche Horrorgeschichten, die durch ihre Dynamik und ein hohes Pacing bestechen, und den sogenannten elevated Horror mit seinen langen Einstellungen, während derer irgendwie nichts geschieht und nach denen man dennoch erschlagen vor der Leinwand sitzt.
Longlegs, der neue Film von Osgood Perkins, ist der aktuelle Vertreter der Gattung Horror und bedeutet 101 Minuten lang schieres Unbehagen.
Mittlerweile unterteilt sich der Bereich in zahlreiche Subgenres, die mal mehr und mal weniger auf den Einsatz von Kunstblut setzen, auf übernatürliche Phänomene oder rein irdische Konflikte, die Zombies oder Vampire zum Einsatz bringen und/oder der Reihe nach Teenager in Häuser, Ferienlager oder Wälder stecken. Es gibt actionreiche Horrorgeschichten, die durch ihre Dynamik und ein hohes Pacing bestechen, und den sogenannten elevated Horror mit seinen langen Einstellungen, während derer irgendwie nichts geschieht und nach denen man dennoch erschlagen vor der Leinwand sitzt.
Longlegs, der neue Film von Osgood Perkins, ist der aktuelle Vertreter der Gattung Horror und bedeutet 101 Minuten lang schieres Unbehagen.
Die Handlung spielt 1995 und in Teilen in der Vergangenheit, doch der Film hätte auch komplett aus den Siebzigern stammen können.
Maika Monroe spielt die Hauptrolle und ihr zur Seite stehen Blair Underwood, Alicia Witt und nicht zuletzt Nicolas Cage.
Ich möchte mich in dieser Kritik so vage wie möglich zum Plot äußern, weshalb ich auf eine Inhaltsangabe oder die Nacherzählung der Prämisse verzichte.
Ohnehin lebt der Film von seiner technischen Finesse, doch kommt diese noch besser zur Geltung, wenn die Handlung im Vorfeld unbekannt bleibt.
Maika Monroe spielt die Hauptrolle und ihr zur Seite stehen Blair Underwood, Alicia Witt und nicht zuletzt Nicolas Cage.
Ich möchte mich in dieser Kritik so vage wie möglich zum Plot äußern, weshalb ich auf eine Inhaltsangabe oder die Nacherzählung der Prämisse verzichte.
Ohnehin lebt der Film von seiner technischen Finesse, doch kommt diese noch besser zur Geltung, wenn die Handlung im Vorfeld unbekannt bleibt.
Wer sich also Longlegs ansieht, wird sich auf allerhand technischer Spielereien einlassen müssen und sollte im Vorfeld nichts darüber wissen.
CGI-Monster und irgendwelche Blitzeffekte sucht man in Longlegs vergebens. Stattdessen setzt der Film trotz der Verwendung von digitalem Film auf handgemachte Effekte, eindringliche akustische Untermalungen, Standbildmontagen und eine Kombination von Cinemascope und dem beinahe quadratischen 1,33:1-Format mit grober Körnung.
Im Laufe der Zeit hat das Horror-Genre eine Vielzahl an Techniken und allgemeinen Herangehensweisen für sich entwickelt, durch die das Grauen auf das Publikum übertragen werden kann, und manches Mal ist sogar das Medium an sich Transporteur von Angst und Schrecken.
In Teilen erinnert Longlegs an andere Horrorfilme, doch ist es nicht so, dass der Film sie direkt zitiert und sich in billigen Hommagen ergießt.
Ohne das Gefühl zu haben, dieses oder jenes bereits zu kennen, können wir an Meilensteine wie Das Omen (US/UK 1976) oder Der Exorzist (US 1973) denken und an Wenn die Gondeln Trauer tragen (UK/ITA 1973).
Dabei ist der Film alles andere als altbacken. Die Macher*innen wissen ganz offensichtlich, dass die Schmerzgrenze des Publikums im Laufe der Jahrzehnte stetig angestiegen ist. Um heutige Zuschauer*innen zu schockieren, muss Perkins also einiges bieten, was unweigerlich Graham Fortin und Greg Ng auf den Plan ruft. Diese beiden haben bei Longlegs den Schnitt übernommen und schaffen es gekonnt, den sehr ruhigen Rhythmus dieses slow burners mit den radikalen Bilderwelten eines Kunstfilms zu kombinieren.
Mehrere Bild-Formate zu verwenden, ist nichts Neues. Viele Filme, die von sich behaupten, auf IMAX gedreht worden zu sein, weisen nur einzelne Szenen in diesem Format auf, während der Rest in einem ähnlich großen Format gedreht wurde, und The Grand Budapest Hotel (US/D 2014) von Wes Anderson springt immer wieder zwischen einzelnen Formaten hin und her. Meist jedoch unterstreichen diese Brüche in der Bildgestaltung kurioser Weise das immersive Erlebnis, weil hierdurch einzelne Repräsentationen unterstützt werden. Nicht so in Longlegs.
Der Unterschied zwischen der Weite von Cinemascope und dem Gedrungenen des nahezu quadratischen 1,33:1-Formats ist enorm und wirkt unmittelbar auf das Publikum ein. Man wird herausgerissen aus der Illusion des Films, wird sich gewahr, als unbeteiligte Dritte einen Film aus sicherer Distanz heraus nur zu schauen statt Teil der Handlung zu sein. Dies könnte dem Publikum Geborgenheit vermitteln, wären da nicht die zweckgebundene Verwendung der Formate, die vergleichsweise hohe Frequenz, in der die Wechsel geschehen, sowie die Wahl der jeweiligen Bildausschnitte.
Das kleine Format bietet weit weniger Möglichkeiten, etwas abzubilden, als das breite Cinemascope.
Ergo können sich Zuschauer*innen unter Umständen schlechter im filmischen Raum orientieren. Fehlt jedoch die Orientierung, fehlt auch die Möglichkeit, sich auf Ereignisse vorzubereiten. Vorbei ist die Geborgenheit des Kinosaals. Anstelle von Distanz zur Leinwand ist man dem Geschehen darauf unfreiwillig nahe und gnadenlos ausgeliefert.
Inhaltlich wechselt der Film zwischen einer nüchternen Betrachtung der Geschehnisse und einer enorm emotionalen Aufgeladenheit. Die Bildgestaltung intensiviert dabei diese beiden Pole und wird unterstützt von Elvis Perkins, der den Score komponiert hat. Manches Mal scheint sich die musikalische Untermalung kaum von anderen Soundeffekten zu unterscheiden, dann gibt es wieder kreischende Streicher, die die Luft zu zerreißen scheinen.
Und auch hier kommen Titel berühmter Filme ins Gedächtnis. Das Schweigen der Lämmer (US 1991) kann in seiner Art, wie mit der Protagonistin umgegangen wird, durchaus eine Inspirationsquelle gewesen sein, gepaart mit einer Prise Zodiac (US 2007). Es wird ein Machtkampf ausgefochten zwischen der Sachlichkeit rationaler Algorithmen und der Metaphysik. Es werden so essentielle Fragen verhandelt und Parallelen zu realen Vorkommnissen gezogen. Der Film sieht sich dabei verankert in der realen Welt, diesseits der Leinwand, und dient als Repräsentation derselben.
Longlegs inszeniert sich als Katz-und-Maus-Spiel mit ambivalenter Rollenverteilung und perfiden Höhepunkten.
Und so erinnert der Film nicht zuletzt auch an Das Testament des Dr. Mabuse (D 1933) von Fritz Lang und die Allegorie, die damit einhergeht.
Fazit: Longlegs ist ein echter Horrorfilm, der das Publikum auch über den Abspann hinaus fest in seinem Griff hält. Er ist inhaltlich wie formalästhetisch sehr gut gemacht und philosophisch höchst aufgeladen. Er besitzt ein paar wirklich brutale Schockmomente und es ist schön, zu sehen, dass es Filmemacher*innen gibt, die diese Kunst noch beherrschen.
Longlegs ist kein Film für eine einzige Sichtung. Um ihn wirklich genießen zu können, muss er mehrmals gesehen werden. Die Frage ist nur, ob man das ertragen will.
CGI-Monster und irgendwelche Blitzeffekte sucht man in Longlegs vergebens. Stattdessen setzt der Film trotz der Verwendung von digitalem Film auf handgemachte Effekte, eindringliche akustische Untermalungen, Standbildmontagen und eine Kombination von Cinemascope und dem beinahe quadratischen 1,33:1-Format mit grober Körnung.
Im Laufe der Zeit hat das Horror-Genre eine Vielzahl an Techniken und allgemeinen Herangehensweisen für sich entwickelt, durch die das Grauen auf das Publikum übertragen werden kann, und manches Mal ist sogar das Medium an sich Transporteur von Angst und Schrecken.
In Teilen erinnert Longlegs an andere Horrorfilme, doch ist es nicht so, dass der Film sie direkt zitiert und sich in billigen Hommagen ergießt.
Ohne das Gefühl zu haben, dieses oder jenes bereits zu kennen, können wir an Meilensteine wie Das Omen (US/UK 1976) oder Der Exorzist (US 1973) denken und an Wenn die Gondeln Trauer tragen (UK/ITA 1973).
Dabei ist der Film alles andere als altbacken. Die Macher*innen wissen ganz offensichtlich, dass die Schmerzgrenze des Publikums im Laufe der Jahrzehnte stetig angestiegen ist. Um heutige Zuschauer*innen zu schockieren, muss Perkins also einiges bieten, was unweigerlich Graham Fortin und Greg Ng auf den Plan ruft. Diese beiden haben bei Longlegs den Schnitt übernommen und schaffen es gekonnt, den sehr ruhigen Rhythmus dieses slow burners mit den radikalen Bilderwelten eines Kunstfilms zu kombinieren.
Mehrere Bild-Formate zu verwenden, ist nichts Neues. Viele Filme, die von sich behaupten, auf IMAX gedreht worden zu sein, weisen nur einzelne Szenen in diesem Format auf, während der Rest in einem ähnlich großen Format gedreht wurde, und The Grand Budapest Hotel (US/D 2014) von Wes Anderson springt immer wieder zwischen einzelnen Formaten hin und her. Meist jedoch unterstreichen diese Brüche in der Bildgestaltung kurioser Weise das immersive Erlebnis, weil hierdurch einzelne Repräsentationen unterstützt werden. Nicht so in Longlegs.
Der Unterschied zwischen der Weite von Cinemascope und dem Gedrungenen des nahezu quadratischen 1,33:1-Formats ist enorm und wirkt unmittelbar auf das Publikum ein. Man wird herausgerissen aus der Illusion des Films, wird sich gewahr, als unbeteiligte Dritte einen Film aus sicherer Distanz heraus nur zu schauen statt Teil der Handlung zu sein. Dies könnte dem Publikum Geborgenheit vermitteln, wären da nicht die zweckgebundene Verwendung der Formate, die vergleichsweise hohe Frequenz, in der die Wechsel geschehen, sowie die Wahl der jeweiligen Bildausschnitte.
Das kleine Format bietet weit weniger Möglichkeiten, etwas abzubilden, als das breite Cinemascope.
Ergo können sich Zuschauer*innen unter Umständen schlechter im filmischen Raum orientieren. Fehlt jedoch die Orientierung, fehlt auch die Möglichkeit, sich auf Ereignisse vorzubereiten. Vorbei ist die Geborgenheit des Kinosaals. Anstelle von Distanz zur Leinwand ist man dem Geschehen darauf unfreiwillig nahe und gnadenlos ausgeliefert.
Inhaltlich wechselt der Film zwischen einer nüchternen Betrachtung der Geschehnisse und einer enorm emotionalen Aufgeladenheit. Die Bildgestaltung intensiviert dabei diese beiden Pole und wird unterstützt von Elvis Perkins, der den Score komponiert hat. Manches Mal scheint sich die musikalische Untermalung kaum von anderen Soundeffekten zu unterscheiden, dann gibt es wieder kreischende Streicher, die die Luft zu zerreißen scheinen.
Und auch hier kommen Titel berühmter Filme ins Gedächtnis. Das Schweigen der Lämmer (US 1991) kann in seiner Art, wie mit der Protagonistin umgegangen wird, durchaus eine Inspirationsquelle gewesen sein, gepaart mit einer Prise Zodiac (US 2007). Es wird ein Machtkampf ausgefochten zwischen der Sachlichkeit rationaler Algorithmen und der Metaphysik. Es werden so essentielle Fragen verhandelt und Parallelen zu realen Vorkommnissen gezogen. Der Film sieht sich dabei verankert in der realen Welt, diesseits der Leinwand, und dient als Repräsentation derselben.
Longlegs inszeniert sich als Katz-und-Maus-Spiel mit ambivalenter Rollenverteilung und perfiden Höhepunkten.
Und so erinnert der Film nicht zuletzt auch an Das Testament des Dr. Mabuse (D 1933) von Fritz Lang und die Allegorie, die damit einhergeht.
Fazit: Longlegs ist ein echter Horrorfilm, der das Publikum auch über den Abspann hinaus fest in seinem Griff hält. Er ist inhaltlich wie formalästhetisch sehr gut gemacht und philosophisch höchst aufgeladen. Er besitzt ein paar wirklich brutale Schockmomente und es ist schön, zu sehen, dass es Filmemacher*innen gibt, die diese Kunst noch beherrschen.
Longlegs ist kein Film für eine einzige Sichtung. Um ihn wirklich genießen zu können, muss er mehrmals gesehen werden. Die Frage ist nur, ob man das ertragen will.
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