Ohne Zweifel musste sich das Team um Regisseur James Gunn diverse Fragen stellen und beantworten, als es die Produktion von The Suicide Squad in Angriff nahmen. Fragen, wie:
Was müssen wir beachten, wenn es
darum geht, einen Ensemble-Film zu drehen, der aber nicht nach dem bekannten
Muster eines Ensemble-Films aussieht?
Wie können wir einen zweibeinigen Hai und einen Kerl, der Punkte schießt, in das Ensemble integrieren, ohne den Erfolg der Mission und die Seriosität des Films zu gefährden?
Derlei galt es zu diskutieren, um die Möglichkeit zu haben,
einen guten Film abzuliefern.
Die Reputation des Suicide Squads (Verzeihung, der Task Force X) war nach dem ersten Versuch 2016 ordentlich angeknackst. Man hatte erhofft und erwartet, ein Team aus Superschurken zu sehen, welches einen Gegenpol zu den Saubermann-Images der Teams aus Superhelden setzen könnte, und wurde enttäuscht. Mit Birds of Prey folgte 2020 ein weiterer Teil, der auch nicht die höchsten aller Wellen schlagen sollte.
Im Sinne eines Erfolgs mussten die Filmemacher*innen bei The Suicide Squad neue Wege gehen und sich klar vom Vorgänger von 2016 distanzieren.
Am Anfang von The Suicide
Squad lernen wir Savant
kennen, der im Gefängnis sitzt und mit einem Ball seine Zielfähigkeiten
trainiert. Als er hierbei einen kleinen niedlichen Vogel ermordet, sehen wir,
dass er wirklich ein absoluter Schurke ist -und unsympathisch, schließlich
hatte ihm der Vogel nichts getan. Dann kommt plötzlich Amanda Waller um die
Ecke und rekrutiert ihn für eine Mission der Task Force X und ebenso plötzlich
befinden wir uns mitten im Einsatz.
The Suicide
Squad informiert uns, dass sich der Film nicht als Reboot einer
misslungenen ersten Version sieht, sondern als Fortsetzung. Die Exposition
verläuft ohne viel Erklärung. Einzig werden ein paar kurze Informationen
gestreut, um jene Zuschauer*innen, die den Vorgänger nicht gesehen haben, über
das Nötigste in Kenntnis setzen sollen –der Rest ist Handlung.
Die neue Chaos-Truppe besteht aus alten Bekannten und neuen Figuren, von denen eine seltsamer als die andere ist, und es fällt schwer, Sympathien aufzubauen.
Das Team gerät alsbald in einen Hinterhalt und wird
niedergemetzelt. So plötzlich wie alles, was zuvor geschehen ist, verschwindet
das Team aus Superschurken, kommt einmal mehr Waller ins Bild und fragt nach
dem Aufenthaltsort von Team 2.
Und genau da wartet der Film mit dem ersten großen Witz auf, der zudem steil in
die Meta-Ebene hineinragt.
Von einem zweiten Team war bislang nicht die Rede gewesen. Das Suicide Squad, von da an als Team 1 bezeichnet, wird eliminiert. Bekannte Figuren wie Harley Quinn, Flag und Captain Boomerang werden kurzerhand aus dem Verkehr gezogen und mit ihnen irritierende Charaktere wie Weasel und T.D.K. und alle werden sie ersetzt durch Team 2.
Mit diesem zweiten Versuch, der dem Suicide Squad nicht nur einen Artikel sondern auch eine Existenzberechtigung geben soll, wird auch ein neues Team etabliert.
Waller beschreibt Team 1 als Ablenkungsmanöver und sieht in Team 2 die eigentliche Einheit. Es ist Gunn, der durch Waller spricht und das Verhältnis zwischen den beiden Teams als Kommentar auf die beiden „Suicide Squad“-Filme inszeniert.
In der Folge greift The Suicide
Squad immer wieder auf
die Meta-Ebene zurück. Die Einteilung des Films in Kapitel wird visuell durch
die Umwelt inszeniert und einzelne Szenen werden bewusst lose
aneinandergereiht. Ähnlich wie das Suicide Squad selber, bei dem das Team
weniger eine Einheit und mehr ein Zusammenspiel von Individuen darstellt, mutet
auch die Handlung als Gemisch aus individuellen Erzählungen an. Da ist zum Einen
Ratcatcher 2, die, würde sie nicht fortwährend geweckt, den ganzen Film
verschliefe, dann Polka Dot Man, der in seinem eigenen Mutterkomplex gefangen
ist, Nanaue (King Shark), ein halbgöttliches Haiwesen, welches nur minder
intelligent ist und kaum mit den anderen mithalten kann, und schließlich sind
da die beiden Auftragskiller Bloodsport und Peacemaker, die sich in nicht enden
wollenden Wettkämpfen zu übertreffen suchen.
Dann gibt es noch Colonel Flag, der die Regierung vertritt, und Harley Quinn, die
ohnehin ihr eigenes Süppchen kocht.
Gunn versteht die teils widersprüchlichen Dynamiken
zwischen all diesen Charakteren gut und überträgt sie sowohl narrativ als auch
formell auf die Leinwand.
Schnell fortschreitende Action-Sequenzen wechseln sich ab mit ruhigen Einheiten
und Momenten des Stillstands. Diese Wechsel vollziehen sich nicht selten abrupt
und geben dem Film einen skurrilen Rhythmus.
Bemerkenswert ist auch, dass es keinen eindeutigen
Antagonisten gibt. Auch hier haben wir es mit einer Vielzahl von Individuen zu
schaffen, die nicht am selben Strang ziehen.
In der Organisation der Antagonisten sehe ich allerdings auch eine Schwäche des
Films, der ansonsten hochwertig und stark unterhaltend daherkommt.
Die Antagonisten gliedern sich in drei Fraktionen. Dies
sind die Herrscherfamilie des fiktiven Inselstaats Corto Maltese, der
Generalstab und Thinkers Jotunheim. Alle Fraktionen scheinen unabhängig
voneinander und zugleich gegeneinander zu operieren und es fällt schwer, zu
glauben, dass niemand von den Plänen der anderen weiss.
Allen voran die Geschehnisse in Jotunheim scheinen für alle, die nicht darin
involviert sind, ein absolutes Mysterium zu sein.
Zwar will die Herrscherfamilie über Jahrzehnte Gefangene in die ehemalige
Nazifestung geschickt haben, aber was dort mit jenen geschehen ist, scheint niemand
zu wissen und auch nicht wissen zu wollen. Wohl aber hoffen sie, dort
irgendeine Art von Waffe zu finden.
Und war da nicht auch etwas, die Rolle der USA betreffend?
Hier macht es sich der Film etwas zu leicht und auch im Kampf um Jotunheims
Zerstörung hätte Gunn etwas differenzierter vorgehen müssen, wenngleich ich mir
an dieser Stelle herausnehmen möchte, auf hohem Niveau zu jammern.
Der Moment, als der Turm einstürzt und vor allem Bloodsport abzustürzen droht,
gleicht einer Slapstick-Version eines alten Arcade-Games.
Ebenso verhält es sich an dieser Stelle mit Nanaue, der
nicht zuletzt beim Anblick der kleinen Quallentiere in seinem eigenen Film zu
sein scheint, dann aber doch zur rechten Zeit am rechten Ort erscheint.
Zwar wird anfangs gesagt, dass das Team das Haiwesen benötigen wird, doch
erinnert dies an die Prophezeiungen aus anderen Filmen, in denen immer von
einer Erlöserfigur gesprochen wird, die zu Beginn der Reise noch unscheinbar
wirkt.
Und genauso verhält es sich mit der Figur im finalen Kampf.
Ansonsten ist der Film eine runde, wenngleich chaotische, Angelegenheit und schwer empfehlenswert – und erwachsen, weil blutig!
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