Nachtrag vom 25.02.2023:
Die nachfolgende Kritik entstand am 13.01.2022.Jedes Wort darin habe ich persönlich ausgewählt, platziert, korrekturgelesen und für gut und richtig befunden -und ich stehe nach wie vor zu jeder Formulierung und zu jeder Erkenntnis, die ich in diesen Text habe einfließen lassen.
Nach wie vor bin ich der Meinung, dass dieser Film aus vielen Teilen zusammengeschustert wurde und er an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten ist, allerdings hege ich mehr und mehr den Verdacht, dass hier Form und Inhalt gewollt und nicht das Resultat überbordenden Unvermögens sind.
Don't Look Up ist auf Hochglanz polierter Trash und kommt damit der Wahrheit diesseits der Leinwand näher als kaum ein anderer Film.
Klimanotstand, Krankheiten und Rassismus sind fest im Alltag verankert und viele dumme Menschen erdreisten sich, Meinungen haben zu müssen, obwohl das jeweilige Thema ihre eigenen Kompetenzen entweder weit übersteigt oder sie das Leid anderer über die Lösung eines Konflikts stellen.
In diesem Sinne ist Don't Look Up die beste Satire, die je gedreht wurde, weil sie es schafft, den metaphorischen Spiegel Wirklichkeit werden zu lassen.
Gleichsam ist der Film auch die schlimmste Satire, die je gedreht wurde, da diejenigen, die durch sie angesprochen werden sollten, es einfach nicht schnallen.
Beginn der Kritik.
Ohne viel verraten zu wollen, mag ich den Film in der Form zusammenfassen, als dass er davon handelt, dass ein riesiger Komet, so riesig, dass er alles Leben auf unserem Planeten vernichten würde, auf die Erde zurast. Es entspinnt sich ein Konflikt zwischen Politik und Wissenschaft über den Umgang mit dieser Bedrohung und schließlich wird die Erde vernichtet.
Dies sind Anfang und Ende des Films, mehr habe ich nicht verraten und mehr gibt es da auch nicht zu verraten.
Don’t Look Up versteht sich zweifellos als satirischer Kommentar auf gegenwärtige Ereignisse und so könnten wir den handlungsmotivierenden Kometen jederzeit durch eine Klimakrise oder ein Virus ersetzen.
Im Gegensatz zu anderen politischen Satiren, wie etwa Kubricks Dr Strangelove (1964) oder Levinsons Wag The Dog (1997) geht Don’t Look Up jedoch nicht über den tagesaktuellen Kommentar hinaus. Mehr noch wirkt es so, als vereinfache er ihn sogar.
Der Film gleicht mehr einer Farce als einer Satire und es drängt sich der Verdacht auf, als stamme das Drehbuch nicht allein aus einer Feder.
Ähnlich wie bei der Produktion von Vuorensolas Iron Sky (2012), bei der Menschen über das Internet Ideen beisteuern konnten, die dann in den Film integriert wurden, wirkt auch Don’t Look Up so, als hätten unterschiedlichste Einflüsse das Drehbuch gestaltet.
In der Konsequenz werden die Pointen nicht bis zum Schluss gedacht und fein mit dem Konzept des Films verwoben, sondern bleiben oberflächlich, memehaft und nur von kurzer Dauer.
Manches Meme wird dabei über den ganzen Film gestreckt, erhält aber nicht genügend Futter, um interessant zu bleiben, oder anders formuliert, wenn uns eine U.S.-Präsidentin präsentiert wird, so sollte sie mehr sein als ein eindimensionaler Abklatsch eines ebenfalls eindimensionalen männlichen Vorbildes und es ist auch kein intelligenter Zug, den Gender Swap zu verdoppeln, indem aus der Tochter eines Präsidenten der Sohn einer Präsidentin gemacht wird.
Vor ein paar Jahren noch hatte Adam McKay mit The Big Short (2015) einen Film über die Bankenkrise von 2007/2008 gedreht und darin gezielt Mechanismen aufgezeigt, die zur Krise führten. In einzelnen Verfremdungseffekten rüttelte McKay das Publikum immer wieder auf und verband dann die Brüche der filmischen Illusion mit der Erzählung.
Dadurch erschuf McKay einen Film, der abgehoben und geerdet zugleich war. Der Humor im Film traf auf den Zynismus der Realität.
Nun ist Don’t Look Up keine szenische Inszenierung eines realen Vorgangs und das muss er auch nicht sein.
Allerdings leitet McKay den Film mit Bezügen zur Realität, umgesetzt durch Verfremdung, ein und schürt so den Verdacht, Don’t Look Up gliche im Stil The Big Short.
Leider ist die Erwähnung des real existierenden „Planetary Defence Coordination Office“ die einzige Verfremdung ihrer Art.
Leider wird auch Verhältnis zwischen den Möglichkeiten des technischen Fortschritts und den finanziellen Interessen der Produzent*innen dieser Technik nicht ausdifferenziert.
Im Film gibt es die Möglichkeit, die Umstände, unter denen ein Mensch sterben wird, genau zu berechnen. Dabei können sogar Dinge benannt werden, von deren Existenz noch niemand etwas weiß. Gleichzeitig ist es den Urheber*innen genau dieser Technologie nicht möglich, die Mission zur Zerstörung des Kometen so zu kalkulieren, dass ein Erfolg im Bereich des Möglichen liegt.
Nun könnten wir hingehen und hier eine Kritik am Silicon Valley und deren Mangel an Verantwortung sehen, doch sind die technologischen Errungenschaften im Film zu fortschrittlich, dass wir einen groben Rechenfehler, hervorgerufen durch Gier, nicht hinnehmen können.
Der Film erweist sich somit als ein Durcheinander an Trivialitäten, bei denen die titelgebende Kampagne im Angesicht des Kometen einen geistigen Höhepunkt darstellt.
Zu kurzsichtig sind die Motivationen der U.S.-Präsidentin, wenn es darum geht, (nicht) gegen die Bedrohung vorzugehen, zu bemüht die Konfrontation des Wissenschafts-Duos mit der Bevölkerung, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen misstraut.
Die Schauspielenden sind durch die Bank grandios besetzt. Alle erfüllen sie die an sie gestellte Aufgabe und spielen ihre Rollen solide runter. Vor allem Timothée Chalamet beweist einmal mehr seine Klasse, doch werden sie alle von McKay, der sowohl für Regie als auch für Drehbuch verantwortlich zeichnet, im Stich gelassen.
Wie sonst sollten wir die Kameraposition verstehen, von der aus Dr. Mindy gezeigt wird, wenn er im TV-Studio ausrastet? Während er im Angesicht der Ignoranz wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mehr an sich halten kann und in der Folge von der Bevölkerung im Film verlacht wird, befindet sich die Kamera in einer Position, die auch uns, dem Publikum, den vermeintlichen Wahnsinn des Forschers als solchen vermittelt. Nicht vermittelt wird indes die Hilflosigkeit Mindys, der es nicht schafft, die Bevölkerung zur Aktion zu motivieren.
Auch Peter Isherwell, eine zweifelhafte Kopie eines Tim Cook, der auch als Sektenguru hätte Karriere machen können, bleibt im negativen Sinn nicht greifbar. Zu plakativ verkörpert er das Großkapital, das durch Spenden Einfluss auf die Entscheidungen der Politik nimmt.
Don’t Look Up ist somit ein undurchsichtiges Gemisch aus kurzlebigen Einfällen.
Wenn der Film wenigstens eine Parodie in der Art eines Scary Movie (2000) oder Hot Shots! (1991) wäre, wären wir wahrscheinlich damit einverstanden, dass die Gag-Dichte hoch und die Erinnerung an sie kurz ist, doch ist Don’t Look Up kein solcher Film.
Mir tun alle am Film beteiligten Menschen leid, da der Film ja an sich hochwertig ist. Er sieht nicht billig aus und das Schauspiel ist, wie bereits erwähnt, beachtlich. Jede noch so kleine Rolle ist hochkarätig besetzt, es macht Spaß, so viele Stars in einem Film versammelt zu sehen, und auch die Grundidee des Films ist sehr cool, doch schafft es der Film nicht, den Ansprüchen, die er an sich selbst stellt, gerecht zu werden.
In Bezug auf eine Diskussionskultur fällt gerne der Satz, dass der Ton die Musik mache.
Nun, Film ist nicht gleich Film, und es stellt
sich die Frage, ob im Falle von Don’t
Look Up der klassische narrative Spielfilm den richtigen Ton getroffen hat.
Wie hätte Don’t Look Up werden
können, hätte sich McKay dazu entschieden, aus dem Stoff eine Mockumentary zu
gestalten?
Ganz gleich, ob im nüchternen Ton eines Opération Lune (2002) oder mit die Dynamik eines What We Do In The Shadows (2014), McKay hätte so die Thematik des Films besser verpacken und transportieren können als in dieser konventionellen Erzählweise, bei der sich alles chronologisch von Plotpunkt zu Plotpunkt hangelt.
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