Blue Beetle (US 2023)

Die Figur des Blue Beetle besteht seit Ende der 1930er Jahren und doch blieb sie bislang unter dem Radar, was große Leinwand-Adaptionen angeht. Dies ändert sich jetzt mit dem neuesten Werk aus dem Hause DC.
Das Problem ist nur, dass sich die Comic-Schmiede hier noch immer nicht vom Konkurrenten Marvel emanzipiert und krampfhaft versucht, Bestehendes zu kopieren.

Jaime Reyes (Xolo Maridueña) ist ein junger Mann aus der Arbeiterklasse und der erste in seiner Familie, der das College abschließen konnte. Er lebt in Palmera City, einer fiktiven Stadt in den USA, die eine Mischung aus futuristischem High-Tech-Standort und südamerikanischer Vorstadt darstellt. Das große Übel, welches seine Welt bedroht, ist der multinationale Konzern Kord Industries, der Bodenschätze plündert, neue Waffensysteme entwickelt und die Gegend nach und nach gentrifiziert, so dass außer reichen Menschen niemand mehr Platz hat. Unterstützt von seiner Schwester Milagro (Belissa Escobedo) bekommt Jaime einen Hilfsjob auf dem Anwesen der Geschäftsführerin von Kord Industries Victoria Kord (Susan Sarandon) und macht dort lose Bekanntschaft mit deren Nichte Jenny (Bruna Marquezine). Jaime verliert seinen Job, woraufhin Jenny aus Mitleid verspricht, ihm eine Anstellung bei Kord Industries zu verschaffen. Während sich Jaime auf sein Vorstellungsgespräch beim Klassenfeind vorbereitet, schleicht sich Jenny, die mit den Machenschaften ihrer Tante nicht einverstanden ist, in die Forschungsabteilung des Konzerns und stiehlt ein Artefakt. Der Diebstahl wird entdeckt, noch bevor Jenny das Gebäude verlassen kann. In letzter Sekunde trifft sie glücklicherweise auf Jaime, übergibt dem Ahnungslosen das Artefakt und bittet ihn, selbiges zu verstecken. Wieder daheim interagiert der junge Mann mit dem Objekt, welches aussieht wie ein blauer Skarabäus. Dies löst eine Verwandlung aus und führt zu den nachfolgenden Ereignissen. 
 
Blue Beetle ist kein Film, der mit besonders vielen Überraschungen aufwarten kann. Er folgt dem bekannten Schema F eines Dreiakters und führt das Publikum problemlos von A über B nach C. Ob sich dabei alles organisch aus vorangegangenen Ereignissen entwickelt, darf diskutiert werden. Bei einer Laufzeit von 127 Minuten läuft alles einerseits ein wenig zu glatt, während Probleme und Katastrophen überdramatisiert werden.
Die Konsequenzen des Jobverlustes sind zu seicht und der Übergang in das eigentliche Abenteuer zu fließend. Aus einem MacGuffin wird hier eine Romanze gestrickt und wenn wir einmal näher hinsehen, dann merken wir schnell, dass die einzelnen Puzzleteile nie nahtlos ineinander passen. Gleichzeitig wird der Tod des Vaters überinszeniert, als handle es sich dabei um die ultimative Katastrophe, und selbstverständlich wird dies im Rahmen einer Nahtoderfahrung wieder aufgegriffen.
Ich möchte in keiner Weise den Verlust eines Familienmitglieds ins Lächerliche ziehen, aber wenn ein Film eine bestimmte Atmosphäre ausstrahlt, dann müssen sich die Ereignisse im Film danach richten. Floskeln, die sich um die Bestimmung jedes einzelnen Menschen drehen, erfahren eine Reprise, die so standardisiert ist, dass wir an eine Checkliste denken könnten, die für den Film abgearbeitet wurde. Auch die Motivation, nach der Jaime und der Skarabäus zusammenfinden, wird mit der Brechstange des Auserwählten kommuniziert. Und wenn dann die ganze Familie zusammenkommt, um gegen das Böse in die Schlacht zu ziehen, sehen wir uns einer ganzen Reihe an Göttern aus der Maschine gegenüber.

Insgesamt haben wir es mit vier Filmen in einem zu tun. Neben den klassischen Sujets der Superhelden-Werdung gibt es noch die chaotische Familienkomödie, die zwischendurch immer wieder zum Familiendrama wird, und ein trashiges Exploitation-Narrativ. Damit wird Blue Beetle zu einem Versatzstück aus diversen bekannten Superheldenfilmen, der vor allem Spider-Man nacheifert. Was einst Onkel Ben, wird hier zum Vater, und in Milagro erfahren wir, was dabei herauskommt, wenn wir Zendayas MJ bei Wish bestellen. Daran ist freilich nichts Verwerfliches. 
Die Themen, die in "Spider-Man"-Adaptionen aufgegriffen werden, können selbstverständlich alterniert und in einem anderen Setting neu etabliert werden, aber dafür braucht es eine klare Struktur. Entweder, ich habe eine Familie an meiner Seite, die liebenswert und doch zum Fremdschämen ist wie bei My Big Fat Greek Wedding (US/KAN 2002), oder ich übertreibe in die andere Richtung und orientiere mich am bereits erwähnten Exploitation-Kino. Beides zusammen lässt sich nicht in das Korsett des Superheldenfilms sperren.
Die Figur des Blue Beetle verfügt über Kräfte, die an Green Lantern erinnern. Ganz gleich, welche Waffe benötigt wird, der Skarabäus kann sie erschaffen. Dies können wir sowohl mit der lustigen Familie kombinieren als auch mit der weirden Killer-Mischpoke, doch in Kombination führt es einfach nur zu Irritationen, die verhindern, dass wir uns wahlweise auf das eine oder das andere Narrativ einlassen. Gerade in Zeiten von Barbie (US 2023) und Oppenheimer (UK/US 2023) zeigt zudem der überbordende Einsatz von CGI, dass wieder einmal am falschen Ende gespart wurde, und wer Liebhaber*in von Trinkspielen ist, kann sich gerne eine Flasche Lieblingsfusel bereitstellen, um immer genau dann zu trinken, wenn die Schwester ihren unsinnigen Kommentaren ein Bro hinzufügt. 

Kurioser Weise macht Blue Beetle Lust auf mehr. Die Atmosphäre, sofern wir sie definieren können, ermöglicht Abenteuer und eine schöne Unterhaltung für Sonntagnachmittage.

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