Disclaimer: 1994 kam mit The Crow bereits ein Film in die Kinos, der sich ebenfalls an der Graphic Novel gleichen Namens von James O’Barr aus dem Jahr 1989 orientierte.
Dreißig Jahre später gibt es ein Remake des Stoffes und damit viel Raum für Hass und Gegenwind. Schon vor Kinostart standen die Zeichen schlecht, was die öffentliche Wahrnehmung angeht.
Der Film wurde zerrissen und eindimensionale Fragen nach Remakes allgemein machten einen Diskurs nahezu unmöglich.
Nun wurde The Crow unter der Regie von Rupert Sanders veröffentlicht und kann auf der Leinwand betrachtet werden.
Ein Vergleich zum ersten The Crow von Alex Proyas kann hier leicht hergestellt werden.
In meiner folgenden Kritik möchte ich dies ausdrücklich vermeiden. Es wäre ein Leichtes, den 2024er The Crow auseinanderzunehmen und aufzuzeigen, was hier anders ist und was dort so und so gemacht wurde, aber das würde dem neuen Film nicht gerecht werden und wäre auch nicht produktiv.
Um es kurz zu machen, Rupert Sanders The Crow ist kein überragend guter Film und würde in einem Vergleich nicht gut abschneiden. Und darum soll es eben nicht gehen.
The Crow beginnt mit einem Jungen, der mit ansehen muss, wie ein Pferd stirbt.
Es scheint gestürzt zu sein und hat sich in Stacheldraht verheddert. Der Junge versucht vergebens, dem Pferd zu helfen und verletzt sich stattdessen selbst.
Zeitsprung.
Wir sehen nach und nach mehrere junge Menschen. Unter ihnen sind Shelley (FKA twigs) und Eric (Bill Skarsgård), die sich kennenlernen und ineinander verlieben. Sie teilen aber das Gefühl der Einsamkeit, die sie wohl schon ihr ganzes Leben begleitet. Dies knüpft ein festes emotionales Band zwischen ihnen und ermöglicht das Gefühl wahrer Liebe.
Als sie eines Abends beide ermordet werden, landet Eric in einem Jenseits, welches nicht genauer definiert wird, aber einer Art Industriebahnhof gleicht.
Dort begegnet er einerseits Unmengen an Krähen und andererseits einem fremden Mann (David Bowles), der ihm offenbart, wo er gerade ist. Die gleiche Person unterbreitet Eric daraufhin ein Angebot. Er kann Eric auf die Erde zurückbringen, um diejenigen, die ihn und Shelley getötet haben, umzubringen. Als Gegenleistung würden sie beide wieder ins Leben zurückkehren.
Gesagt, getan. Eric kommt zurück, ist nunmehr unsterblich und muss gegen die Bösen des Films antreten, die sich um den mysteriösen Mann Vincent Roeg (Danny Huston) scharen.
Was hier erzählt werden soll, ist eine Art Märchen der schwarzen Romantik, verpackt in ein modernes Setting, und immer wieder kommt der Film mit wirklich guten Einfällen daher, doch am Ende will The Crow nicht so recht zünden.
Es gibt Gothic-Elemente, es gibt Momente der Rastlosigkeit, des Versteckens, es gibt zarte Anklänge an die Körperlichkeit von Body-Horror und natürlich die unbändige Wut der Rache. Und dann sind da noch Unmengen an Krähen. Das mag jetzt bei dem Titel des Films und dem Thema nicht überraschen, aber die Häufigkeit, in der das Tier zu sehen ist, steht schwer im Sternzeichen Holzhammer.
Mit 111 Minuten ist der Film definitiv zu lang, zumal das ausschlaggebende Ereignis erst nach einer Dreiviertelstunde geschieht und die Geschwindigkeit des Films auch danach immer wieder abrupt zum Erliegen kommt. Der Film gibt hier Wendungen an, die mehr Dramatik mit sich bringen sollen, deren Effekt aber am Ende verpufft.
Die Liebesgeschichte ist okay, aber schwer zu fassen. Die Chemie zwischen den beiden Darsteller*innen ist in Ordnung und man sieht auch, wie innig sie sich lieben, aber es will nicht so einleuchten, weshalb sie überhaupt zusammengekommen sind.
Nun können wir überlegen, ob hier die einzig wahre Liebe vorliegt, die nicht erklärt werden muss, aber es mangelt schlicht an Futter. Die Entwicklung der Liebesgeschichte ist eine Aneinanderreihung von glücklichen Szenen und Möchtegern-Symbolik.
Hinzu kommt, dass die Dialoge oberflächlich sind und an Sprüche aus Poesiealben erinnern.
In der Summe wirkt die Romanze zwischen Eric und Shelley uninspiriert, als müsste man sie irgendwie in den Film integrieren, um eine Grundlage für die Rache zu haben. Das stimmt natürlich, aber es geschieht alles zu bemüht.
Und das ist auch das große Problem an einem Film, der im Großen und Ganzen okay ist.
The Crow ist nicht gut, aber auch keine Vollkatastrophe.
Vielmehr scheint hier die Produktionsgeschichte mit einzuwirken.
Das Projekt an sich existiert seit 2007. In der Zwischenzeit hatten sich mehrfach Studios, Besetzung und Regie dem Projekt verpflichtet und wieder daraus zurückgezogen und wurden immer neue Drehbücher geschrieben.
Am Ende kam ein fertiger Film dabei heraus, der alles in allem seinen eigenen Weg geht, der aber in seiner Inszenierung einfach nicht konsequent ist.
Die Figuren sind flach, vor allem der Antagonist Roeg ist so gar nicht die Rede wert, und Dinge passieren, weil sie entweder passieren müssen oder weil sie gut aussehen.
In dieser Hinsicht ist The Crow auch “Convenience - The Movie”. Die Ereignisse ergeben sich nicht organisch aus der Handlung, sondern weil man noch diesen oder jenen Effekt unterbringen wollte.
Gleich eine der ersten Verletzungen Erics sorgt dafür, dass Gedärme aus dem Bauchraum herausquellen. Das ist ein fieser Effekt und man nimmt Skarsgård die Schmerzen auch ab. Doch, dieser Body-Horror wird nicht als Stilmittel in den Film integriert. Einmal noch wird man einen Knochen sehen, doch danach passiert in dieser Hinsicht nichts mehr. Stattdessen dominieren schon bald Unmengen an digitalem schwarzen Blut.
Ein anderes Mal nimmt die Kamera die Position des Opfers ein, während diesem der Schädel eingeschlagen wird. Doch auch dieser Effekt bleibt eine Eintagsfliege. Stattdessen liefern seltsame Verstümmelungen, hervorgerufen durch Klingen, beinahe humoristische Eindrücke und vermag Eric im Gode Mode und mit ein Samuraischwert in der Hand Wellen an Sicherheitspersonal ausschalten
Am Ende des Films bleiben wir mit einem Beigeschmack im Kinosaal zurück und können nur vermuten, dass Menschen hier für den Moment zahlreiche Ideen hatten, aber nie die eine Vision, aus diesen Ideen ein kongruentes Konzept zu schaffen.
Fazit: The Crow ist ein eigenständiger Film, der seinen eigenen Weg geht und sich nicht an den alten Film oder gar dessen Fans anbiedert. Er ist aber auch kein in sich geschlossener Film. Seine Ästhetik lässt klar erkennen, dass der Regisseur eigentlich Werbefilmer ist. Von daher kann es gut vorkommen, dass man beim Anblick diverser Krähen an Duschgels oder Parfums denken muss.
Immer wieder hat der Film schöne Momente und auch die Liebesgeschichte kann hier und da erfreuen, aber am Ende bleibt The Crow leider nur ein Film für eine Nacht.
Im Laufe der Produktionsgeschichte hatte es auch einmal geheißen, The Crow wäre der Auftakt zu einem Franchise und das Ende des Films (ebenfalls erstaunlich inkonsequent) könnte derlei vermuten lassen. Ob das bei dieser Ausgangslage eine gute Idee ist, sei bis auf Weiteres dahingestellt.
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